Zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg

SDG 11 - Nachhaltige Städte und Gemeinden.
SDG 16 - Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen.
SDG 17 - Partnerschaften zur Erreichung der Ziele.

„Die größten Übeltäter sind jene, die sich nicht erinnern, weil sie auf das Getane
niemals Gedanken verschwendet haben, und ohne Erinnerung kann nichts sie
zurückhalten.“

(Hannah Arendt: Über das Böse, München 201913, S. 77.)

Auch in diesem Jahr leisteten Schülerinnen der Klassen 9B und 9D eine wichtige Erinnerungsarbeit, indem sie das Projekt zum „Gedenken an die Opfer von Krieg und Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg“ gestalteten. In diesem Kontext befasste sich jeder Schüler/jede Schülerin mit individuellen Schicksalen der 5.095 sowjetischen Kriegsopfer, die auf dem Dortmunder Hauptfriedhof im Zweiten Weltkrieg unter einer Rasenfläche anonym bestattet – oder besser: begraben – wurden.

Zunächst besuchten die Fachlehrkräfte Herr Schneider und Herr Böing zusammen mit den Schülerinnen der 9B und 9D die deutschen und sowjetischen Kriegsgräber auf dem Dortmunder Hauptfriedhof. Ein Unterschied zwischen den beiden Kriegsgräberstätten wurde von den Schüler*innen besonders akzentuiert: Während es an der Kriegsgräberstätte der deutschen Gefallenen Erinnerungsmöglichkeiten zu jedem einzelnen Menschen gibt, bleiben an der sowjetischen Kriegsgräberstätte eben diese Möglichkeiten aus. Denn im Zweiten Weltkrieg wurden die sowjetischen
Kriegsgefangenen anonym in einem Massengrab ‚vergraben’. Das Leben dieser Menschen wurde auf diese Weise über viele Jahrzehnte vergessen; die Angehörigen haben nie etwas von ihrem Schicksal erfahren.

Blick auf die Kriegsgräberstätten am Dortmund Hauptfriedhof.

Im konventionellen Unterricht haben wir diese – wie einige Heranwachsende reflektierten – „ungerechte“ Diskrepanz aufgegriffen und vertiefend thematisiert. Die Schüler*innen waren gefordert, eigenständige Fragen zur Lebenssituation der sowjetischen Kriegsgefangenen in Dortmund zu stellen – und diese sowohl mit Hilfe der Lehrkraft als auch im Rahmen eigenständiger Recherchen zu eruieren.

Zudem erwuchs aus der empfundenen Ungerechtigkeit der Wunsch, gegen das Vergessen sowie gegen die bis heute ausbleibende Erinnerung aktiv anzugehen. Dazu erhielt jede Schülerin/jeder Schüler dank der Unterstützung durch Frau Schmolke vom Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. eine Personalkarte eines sowjetischen Kriegsgefangenen. Die Schülerinnen waren nun gefordert, möglichst viele Angaben zu dem Kriegsgefangenen zu erforschen, um gegen das Vergessen vorzugehen und zugleich einen Wunsch zu erfüllen, den viele Opfer im Angesicht ihres Todes äußerten: „Erinnert euch an uns.“ Einige Schülerinnen präsentierten im Anschluss an die Auseinandersetzung mit dem individuellen Schicksal ihre Ergebnisse. Die Namen sowie weitere biografische Angaben der Opfer laut vorzulesen und sich kurz an sie zu erinnern, war ein besonderer Moment.

Im Sinne einer nachhaltigen Erinnerungsarbeit wurden im letzten Schritt Namensziegel aus Ton erstellt, auf denen ein Teil der biografischen Angaben
(Name, Vorname, Geburts- und Sterbedatum) notiert wurden. Diese werden nun gebrannt und im November im Rahmen einer von den Schüler*innen mitgestalteten Gedenkfeier am Volkstrauertag an der sowjetischen Kriegsgräberstätte an Holzstelen montiert.

Schüler bei der Herstellung der Lehmziegel.
Schüler bei der Arbeit am Lehmziegelprojekt.
Schüler bei der Arbeit am Lehmziegelprojekt.

Zuletzt wurde den Schüler*innen noch eine Videobotschaft einer Familie aus Moskau gezeigt, in der sich Angehörige des Kriegsgefangenen Alexej Pavlovski (1909 – 1943) für die Arbeit der Heranwachsenden bedankten. Ein Zitat ist sicher besonders im Gedächtnis geblieben:

Es ist ein außergewöhnliches Gefühl, wenn du zum ersten Mal zum Ort der Leiden
und des Todes des Menschen aus deiner Familie kommst. Er hatte ein schreckliches
Los, weit weg von seiner Heimat in fremdem Land unter fremden Leuten begraben
zu sein. Und plötzlich siehst du mit deinen eigenen Augen, dass diese Leute gar
nicht fremd sind, dass die Leute daran denken, mitfühlen, und es für geboten
halten, ein Andenken warm zu halten.“

Autor: Stefan Schneider

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